Lüneburger Stadtarchäologie |
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Die Ausgrabungen in der Lüneburger St. Lambertikirche
Ein Arbeitsbericht
Nachdem die beiden Grabungskampagnen der Jahre 1998 und 1999 nun abgeschlossen
sind, sollen die bisherigen Grabungsergebnisse zusammenfassend vorgestellt
werden. Die Grabung wurde durch Sachspenden und durch freiwillige
Helfer ermöglicht. Hauptsächlich Hamburger Studenten der
Vor- und Frühgeschichte haben in den Semesterferien tatkräftig
an der Ausgrabung mitgewirkt. Es ist sehr erfreulich, dass sowohl
die Sachspenden als auch die studentischen Hilfskräfte in diesem
Jahr wieder zu Verfügung stehen. Für die vielseitige Unterstützung
unseres Projektes möchten wir an dieser Stelle herzlich danken.
Ziel der ersten Grabung war es, die Kirche zu lokalisieren und den
1861 abgerissenen gotischen Bau zu datieren. Daneben war die Suche
nach eventuellen Vorgängerbauten von Bedeutung. Nachdem wir eine
Grabkapelle und Fundamente von Seitenpfeilern freigelegt hatten, konnten
wir neben der genauen Lage auch die Datierung der letzten Kirche festlegen.
Die Grabung 1999 sollte die Erkenntnisse zur Baugeschichte vertiefen
und fortgesetzt möglichen Vorgängerbauten nachspüren.
Um es vorwegzunehmen, die bisherigen Grabungen haben uns in dieser
Frage leider nicht weitergebracht. Statt dessen gibt es anderes zu
berichten. |
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Zunächst jedoch sollen die historischen Quellen kurz
beleuchtet werden.
Erstmalig wird die Kirche 1269 erwähnt, die nächste Quelle
bezieht sich auf das Jahr 1301, in diesem Jahr wird der Chor genannt.
Für 80 Jahre sind hauptsächlich Schenkungen aus Lüneburger
Testamenten überliefert. Erst wieder für das Jahr 1382 erfahren
wir aus schriftlichen Hinterlassenschaften, dass die "Gerwekammer"
(Sakristei) eingeweiht wurde.
1530 wurde auf Beschluss des Rates die Reformation in Lüneburg
eingeführt. Am 6. März wurde in der St. Nicolaikirche mit
dem evangelischen Gottesdienst begonnen, und am 26. Mai folgten die
St. Johanniskirche und die St. Lambertikirche. In der Chronik des
Jacob Schomaker heißt es dazu: Mutatio
religionis. Also nam dat Evangelium to und schaffede Frucht, dat
volgendes Ascensionis domini to S. Johanse und darna ok to S. Lamberte
de papistischen Misbruke afgedan und evangelische und Dudesche Ceremonien
geholden syn.
Veränderung der Religion. Also nahm das Evangelium zu und schaffte
Frucht, dass am folgenden 26. Mai zu St. Johannis und danach auch
zu St. Lamberti der papistische Missbrauch abgetan und evangelische
und deutsche Zeremonien gehalten werden.
Zu dieser Zeit wandelte sich auch der Status des Sakralbaus. Bisher
hatte die Kirche, trotz ihrer Größe, nur den Status einer
Kapelle. Erst mit der Reformation bekam die St. Lambertikirche weitere
Rechte, und erst 1541 wurde ein Taufbecken aufgestellt.

Bereits im ausgehenden 15. Jahrhundert wies die Kirche Bauschäden
auf. 1491 wurde der Turm umgestaltet und die erste Kirchturmspitze
durch eine neue, etwas leichtere Fassung ersetzt. Diese Spitze sollte
aber nur wenige Jahrzehnte überdauern. 1544 bis 1545 errichtete
man eine neue pyramidale Spitze mit Galerie und Ecktürmen zwischen
den Mauergiebeln (siehe Abb.). Zwei Stürme 1578 und Anfang des
18. Jahrhunderts schädigten den Kirchenbau schwer. Hatte der
erste Sturm die Turmspitze noch leidlich bestehen lassen, brachte
der Sturm im Dezember 1703 sie schließlich zum Einsturz. Erst
1712 fertigte man die letzte Turmspitze in Form einer niedrigen Haube
mit offener Laterne.
Eine Kupfertafel, die sich laut Reinecke im 19. Jahrhundert im Stadtarchiv
befand, gibt zu diesem Ereignis Auskunft: Anno
1703 den 8. December Vormittages zwischen 10 und 11 Uhr warff der
ungemeine und einem Orcan nicht ungleiche Sturmwindt aus Südwesten
die Spitze des Lambertithurmes bis auff das Gemauer herunter auff
den Kirchhoff, mit nicht geringen Schaden der daran stehenden Kirch
und Saltzbude, und sind in den Knopff 2 kupfferne Platen gefunden.
Darauff ist Anno 1712 nach vielfeltiger Berathschlagung beliebet,
einen kleinen Thurm wieder auffzubauen. Der grosz Gott wolle denselben
vor bösen Zufellen in Gnaden bewahren! Aelste Bahrmeister sind
gewesen: Ludolff Döring, Statz Ludolff von Zarstaedt, Hinrich
Müther, Georg Daviedt von Dassel; Hinrich Döring, jüngster.
(Krüger u. Reinecke 1906, 128)
Die schwerwiegendsten Schäden an der St. Lambertikirche wurden
aber nicht durch oberirdische Einflüsse verursacht. Da der Bau
direkt auf der Abbruchkante zum Senkungsgebiet lag, bildeten sich
immer wieder Verwerfungen im Mauerwerk. Nachdem 1732 während
des Gottesdienstes einige Steine aus den Gewölben gebrochen waren,
verlegte man den Gottesdienst für mehrere Jahre in die Marienkirche.
Binnen der folgenden sechs Jahre wurden die ersten drei Gewölbe
im Hauptschiff durch eine Holzdecke ersetzt und die schief stehenden
Pfeiler durch Aufmauerungen unterfangen. Des weiteren zog man große
hölzerne Emporen, sogenannte Priechen ein, die durch ihre Konstruktion
die Kirche zusätzlich stützten.
Nur 14 Jahre später waren erneut Sanierungsarbeiten notwendig.
Der schiefe Turm wurde im Westen durch zwei mächtige Strebepfeiler
abgestützt und die Glocken hängte man aus Sicherheitsgründen
ein Stockwerk tiefer.
Für eine Zeitspanne von 70 Jahren scheint sich der Zustand der
Kirche nur allmählich verschlechtert zu haben. Während der
französischen Besetzung wurde die Lambertikirche als Magazin
zweckentfremdet. Noch im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde
aber der Gottesdienst in der Kirche wieder aufgenommen. 1818 musste
der Gottesdienst wiederum eingestellt werden, um die restlichen Gewölbe
zu verankern. Ferner ersetzte man verzogene Fenster und stützte
die Außenseiten mit zusätzlichen Strebepfeilern ab. Während
der folgenden Jahre nagte die Zerstörung immer bedenklicher an
der Kirche. 1829 wurde das Glockenläuten eingestellt, man schlug
nur noch den Klöppel vorsichtig gegen die Glocken und vermied
es, die Glocken dabei zum Schwingen zu bringen. 1844 drohten die Gewölbe
erneut einzustürzen. Langsam reifte im Stadtrat der Entschluss,
die Kirche aufzugeben und zum Abriss zu verkaufen. 1858 fand schließlich
der letzte Gottesdienst in der Kirche statt, und am 21. Februar 1860
erschien folgende Anzeige in der Neuen Hannoverschen Zeitung: |
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Bekanntmachung.
Es soll die hiesige St. Lamberti-Kirche nebst Thurm zum Abbruche meistbietend
verkauft werden. Die Verkaufsbedingungen liegen
auf hiesigem Rathause zur Einsicht aus und werden auf Verlangen gegen
Erstattung der Copialien abschriftlich mitgetheilt werden.
Kauflustige, welche das Kirchengebäude oder den Thurm in ihren
inneren Theilen zu besichtigen wünschen, haben sich an den Herrn
Stadtbaumeister Maske hieselbst zu wenden.
Angebote müssen bis zum 16. März d. J., Vormittags 11 Uhr,
versiegelt unter der Bezeichnung "Kaufofferte für den Abbruch
der St. Lamberti-Kirche" an uns abgegeben werden.
Lüneburg, 17. Februar 1860. |
Der Magistrat der Stadt Lüneburg.
Fromme.
Maurermeister von der Heide und Zimmermeister Westphal erhielten für
13.050 Taler den Zuschlag, und bis Oktober 1861 war die Kirche völlig
aus dem Stadtbild verschwunden. Trotz der augenscheinlichen Bauschäden
war die Konstruktion noch überaus stabil, musste man laut Krüger
und Reinecke (1906, 129) "doch zu Sprengmitteln seine Zuflucht
nehmen, um den Abbruch durchzuführen".
Auf einer der ältesten Fotografien Lüneburgs ist der Beginn
des Abrisses der St. Lambertikirche festgehalten. Dachpfannen am Chor
sind bereits abgedeckt.
Abbruch der St.
Lambertikirche (1860), Daguerreotypie
(68Kb) von G. Fr. Güttich.
Abbruch der St. Lambertikirche (1861), Bleistiftzeichnung
(57Kb).
Danach sah der Platz die unterschiedlichsten Nutzungen: Grünanlage
mit Kiosk, im Zweiten Weltkrieg öffentliche Luftschutzanlage
in Form von drei Splitterschutzgräben, Tankstelle, Parkplatz,
Gebrauchtwagenhandel und schließlich seit einigen Jahren wieder
Grünanlage.
Das Inventar der Kirche wurde auf die anderen Lüneburger Sakralbauten
verteilt. So erhielt die St. Johanniskirche das Taufbecken von 1541,
die Nikolaikirche bekam den Hauptaltar aus dem Jahr 1443. Das Hospital
zum heiligen Geist wurde mit der Sonntagsglocke von 1712 und dem Uhrwerk
ausgestattet. Bis in die fünfziger Jahre nutzte man dieses Uhrwerk
und lagerte es dann im Kaufhaus am Hafen ein, wo es einem Brandstifter
zum Opfer fiel. Erst seit kurzem schlägt die Glocke wieder und
gibt so ein Zeichen aus der Vergangenheit der untergegangenen Kirche. |
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Die Grabungskampagnen 1998 und 1999
Die erste Maßnahme hatte zum Ziel, die Kirche zu lokalisieren
und den Bau zu datieren. Im Nordwesten der Kirche wurde deshalb ein
relativ kleiner Schnitt von 6 x 8 m angelegt.
Zur Schnittanlage
im Kirchengrundriss siehe den Grundrissplan
(43Kb). Zu
den Befunden siehe den Befundplan
(138Kb).
In diesem Schnitt fanden sich Fundamente von zwei mächtigen Außenpfeilern
und zwischen ihnen in einer ehemaligen Grabkapelle eine Backsteingruft.
Die Funde aus den Baugruben der Fundamente datieren den Baubeginn
in die Zeit um 1300. Im allgemeinen wurden Kirchen im Mittelalter
von Ost nach West gebaut. D.h. man fing mit dem Chor an, sobald er
fertiggestellt war, begann man mit dem Bau des Hauptschiffes und schloss
schließlich mit dem Turm. Auch in Lüneburg wurden die Kirchen
so gebaut und erweitert. Dies bestätigen z.B. dendrochronologische
Datierungen aus der St. Johanniskirche. Während der Chor im ausgehenden
13. Jahrhundert errichtet wurde, konnte man den Turm erst gut 100
Jahre später abschließen. Sehr wahrscheinlich wurde die
St. Lambertikirche auf eine vergleichbare Weise gebaut, denn für
den Turmbau wurde erst am Ende des 14. Jahrhunderts eine herzogliche
Zollbude abgerissen.
Neben den Baubefunden konnten während der Ausgrabung 1998 zahlreiche
Bestattungen freigelegt werden. Ein im Mittelalter um die Kirche angelegter
Friedhof wurde bis 1811 genutzt; der innerstädtische Platz war
jedoch so begrenzt, dass hier die Toten in mehreren Etagen übereinander
bestattet wurden. Bestattungen fanden sich auch innerhalb der Kirche.
In einer Seitenkapelle lag eine gemauerte Gruft, die offenbar über
mehrere Generationen hinweg genutzt wurde. Die zur Seite geräumten
und in tiefer liegenden Knochengruben deponierten Skelette weisen
auf diese Praxis hin. Die reichen Sargverzierungen aus Blei datieren
die jüngsten Bestattungen in dieser Gruft in das Barock. Gleichfalls
in die Barockzeit gehören eine Reihe von knöchernen Knöpfen
eines Totenhemdes. In den tieferen Schichten dieser Gruft lag der
bereits beschriebene Schraubtaler
(76Kb).
Ein ausführlicherer Bericht zu den Ergebnissen dieser Grabungskampagne
findet sich im ersten Band der Denkmalpflege in Lüneburg (Dreger
u. Stark 1999). |
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Im Mai 1999 begannen wir mit der zweiten
Grabungskampagne, die sich südlich an den ersten Schnitt
anschloss.
Zunächst konnten auch hier in den oberen Schichten mehrere
Bestattungen freigelegt werden. Schon frühzeitig zeichnete
sich eine weitere Backsteingruft ab. Die quadratische Steinsetzung
war in einem halbsteinstarken Verband erstellt. In ihr lagen zuoberst
zwei Bestattungen, von denen die südliche Senkungsschäden
aufwies. Da der Südteil der Gruft über einer lockeren
Steinansammlung aus Feldsteinen errichtet war, kam es bereits bei
der Erbauung der Gruft zu Senkungserscheinungen. Die Südmauer
der Gruft wurde deshalb durch eine zusätzliche Steinreihe verstärkt.
Unter der südlichen Bestattung konnten die Reste einer älteren
Bestattung dokumentiert werden. Senkungserscheinungen und die nachfolgende
Bestattung führten jedoch zur fast vollständigen Zerstörung
des Skelettmaterials.
Aus dem Bereich dieser älteren Phase stammen drei, in diesem
Zusammenhang relativ ungewöhnliche Funde. Es handelt sich um
kleine knöcherne Würfel.
Bei allen Würfeln sind die Augen gleichartig verteilt, im Unterschied
zu unseren modernen Würfeln liegen sich 5 und 6, 1 und 2 sowie
3 und 4 gegenüber. Wie diese Würfel in das Grab gelangten,
lässt sich nicht klären. Zwar sind christliche Gräber
eigentlich beigabenlos, doch finden sich hin und wieder kleinere
Beigaben, zumeist persönlicher Besitz des Verstorbenen, so
wurden Kindern häufig Spielsachen mitgegeben. Ebenso denkbar
ist ein profaner Hintergrund. Vielleicht verlor sie einer der Totengräber,
vielleicht rollten sie sogar bei einem Würfelspiel in die Gruft.
Während des Mittelalters und der Frühneuzeit dienten die
Kirchen keineswegs allein andachtsvoller Sammlung. So wird z.B.
1652 die zwanzigjährige Magd Magdalena Ahlers mit einem Schüler
der Johannisschule auf dem Lektor der St. Johannis Kirche erwischt
und als Schul- und Kirchenhure aus der Stadt gewiesen. Die Möglichkeit,
dass die Kirche auch zu anderem weltlichen Zeitvertreib zweckentfremdet
wurde, ist daher nicht ganz abwegig.
Im Osten des Schnittes legten wir die Fundamente eines Mittelpfeilers
und Teile der Subkonstruktion des nördlichen Lektors frei.
Die Fundamente waren schichtweise aus Lagen von Feldsteinen und
Sand aufgebaut, im Fall des Pfeilerfundamentes reichten sie über
2,5 m in den Boden.
Westlich schloss ein unerwarteter Befund an. Innerhalb einer großen,
annähernd kreisrunden Baugrube fand sich eine nahezu quadratische
Holzsetzung, die als Brunnen zu interpretieren ist. Scherben
der mittelalterlichen harten Grauware datieren die Anlage des Brunnens
in das 14. Jahrhundert, also in eine Ära, in der die Kirche
bereits bestand. Der Brunnen scheint aber bis in das 15. Jahrhundert
hinein genutzt worden zu sein, wie einige Scherben des südniedersächsischen
Steinzeugs aus der Verfüllung nahelegen. Bis zur Höhe
des Grundwasserspiegels konnten wir die Anlage ausgraben, eine dort
angesetzte Bohrung zeigte, dass der Brunnen sich über weitere
4 m erstreckte, so dass mit einer ursprünglichen Tiefe von
etwa 7 m gerechnet werden kann. Die gesamte Konstruktion wurde durch
eine Backsteinschüttung überdeckt, in die in späterer
Zeit zwei Gräber eingebettet wurden.
Die Interpretation dieses Befundes bleibt vorerst vage. Nördlich
des Kirchturms, direkt an der Westmauer der St. Lambertikirche befand
sich über mehrere Jahrhunderte hinweg ein öffentlicher
Solebrunnen, der der Stadtbevölkerung zur Versorgung mit Salz
diente. Im Westen des Platzes lag zudem ein sogenannter Wildwasserbrunnen,
der verhinderte, dass Süßwasser die Sole verunreinigte.
Unser Brunnen aus der Kirche kann als einer der Vorgänger dieser
Anlagen in Frage kommen. Die Wasserprobe, die wir in der Tiefe des
Grundwasserbereichs entnahmen, enthielt allerdings kein Salz. Rätsel
gibt zudem die Datierung der Verfüllung auf, denn ihr junger
Inhalt legt das längere Bestehen eines offenen Brunnens innerhalb
der Kirche nahe. Brunnen in Kirchen finden sich nur selten beschrieben.
Der Süden des Schnittes war durch einen Splitterschutzgraben
des Zweiten Weltkrieges bis in den gewachsenen Boden hinein gestört.
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Einen dritten Grabungsschnitt öffneten
wir östlich der ersten Grabung.
Auch hier konnten wir eine Gruft freilegen. Diese Gruft war deutlich
massiver als die beiden anderen Grüfte aufgebaut. Ihre einen
Stein starken Mauern waren ehemals von einem Tonnengewölbe
überdeckt. Im Südwesten der Anlage befanden sich zwei
Bestattungen, von denen die südliche in einem aufwändig
verzierten Sarg beigesetzt war. An den Seiten saßen je drei
Puttenköpfe aus Blei, oben auf dem Sarg lag ein vollplastischer
kleiner Bleischädel mit gekreuzten Knochen. Am Kopfende war
eine Wappenscheibe befestigt.
Obwohl nur fragmentarisch erhalten, konnte sie der Familie
von Döring zugewiesen werden. Die Familie von Döring gehörte
zu den Patriziern und war von 1374 bis 1780 in Lüneburg ansässig,
in der Stadtgeschichte spielte sie dennoch eine eher untergeordnete
Rolle. Am nahegelegenen Heiligengeisthospital wurde vor wenigen
Jahren eine Grabplatte zweier Kinder der Familie entdeckt, die 1686
im Alter von zwei und sechs Jahren starben. Obwohl in der St. Lambertikirche
bestattet, fand die Trauerfeier in der St. Johanniskirche statt,
wie uns das Läuteregister überliefert. Die Grabplatte
kann allerdings nicht mit der Gruft in Verbindung gebracht werden.
Die nördliche Bestattung enthielt einen schlichten Holzsarg
ohne Verzierung, in ihm ein Skelett mit weiblichen Merkmalen. Im
Handbereich konnten wir einen goldenen Ring mit auffällig kleinem
Durchmesser bergen. Wenn es ein Fingerring war, kommt als Träger
nur ein noch sehr junges Kind in Betracht. Die bestattete Person
war jedoch erwachsen, sie kann den Ring nur in den Händen gehalten
haben. Vielleicht war er eine Erinnerung an die eigene Kindheit
oder er symbolisierte ein bereits zuvor verstorbenes Kind.
Zur Zeit können wir noch keine näheren Aussagen zu Geschlecht
und Sterbealter der Toten machen, da die anthropologische Auswertung
noch nicht abgeschlossen ist. Wenn dies so weit ist, sollen die
Skelette erneut bestattet werden.
Die Gruft störte einige ältere Befunde, so wurde ein älteres
Kindergrab im Beinbereich vollständig zerstört. Ebenfalls
nur noch zur Hälfte erhalten war ein Befund, der sich als Überrest
eines in der Kirche vorgenommenen Glockengusses deuten ließe.
Der lehmige Boden war bis in eine Tiefe von 20 cm verziegelt, was
nur durch eine starke Hitzeeinwirkung, wie sie z.B. beim Guss von
Glocken auftritt, zu erklären ist.
Der Verkaufvertrag der St. Lambertikirche von 1860 beinhaltete,
dass die Fundamente und die Grüfte nicht angetastet werden
durften. Im Norden des dritten Schnittes konnten wir nachweisen,
dass hier vertragswidrig die Fundamente bis in den gewachsenen Boden
hinein entfernt wurden. Auch in den Profilen waren diese Störungen
deutlich erkennbar. Dadurch ließen sich in diesem Bereich
keine neuen Erkenntnisse zur Baugeschichte erschließen.
Die dritte Kampagne im Jahr 2000 sollte die zuvor gewonnenen Ergebnisse
abzusichern. Weiterhin blieb die Frage nach einem möglichen
Vorgängerbau bestehen. Über die im November 2000 abgeschlossenen
Ausgrabungen werden wir demnächst berichten.
Text: Marc Kühlborn u. Frauke Dreger
Literatur:
Dreger u. Stark 1999: Klaus Dreger u. Joachim Stark, St. Lamberti.
Ausgrabung einer untergegangenen Kirche. Denkmalpflege in Lüneburg
1999, 9-12.
Ring 1999: Edgar Ring, St. Lamberti. Ausgrabung einer untergegangenen
Kirche in Lüneburg. Archäologie in Niedersachsen 2, 1999,
109-111.
Kühlborn; Marc 2000: Die Ausgrabungen in der Lüneburger
St. Lambertikirche. Denkmalpflege in Lüneburg 2000, 42-53.
Ring, Edgar 2000: Der verschlossene Mann. Ein Schraubtaler aus der
Gruft der St. Lambertikirche. Denkmalpflege in Lüneburg 2000,
37-41. |
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